Häufig gestellte Fragen

1. Was ist der Unterschied zwischen Referendum, Volks- und Bürgerentscheid?

Referenden sind von „Oben“, durch Parlament und/oder Regierung ausgelöste Abstimmungen.
Volks- und Bürgerentscheide
sind von „Unten“, durch Volks- oder Bürgerinitiativen herbeigeführte Abstimmungen. Volksentscheide finden auf Landes-, Bürgerentscheide auf Kommunalebene statt.


2.
Was legitimiert Mehr Demokratie e.V. und den Trägerkreis dazu, das Gesetz zu ändern?

Die Hamburgische Verfassung berechtigt alle Wahlberechtigten Hamburgs, Vorschläge für eine Volksinitiative zu machen und eine Volksinitiative zu initiieren, um einfache Gesetze, aber auch die Verfassung zu ändern. Und Art. 20 Absatz 2 des Grundgesetzes verbürgt das Recht auf Volksabstimmungen: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt“. Im Idealfall kann das Volk über alle Themen abstimmen, über die auch die Parlamente – also die Volksvertreter – abstimmen können. Je nach Bundesland gibt es aber Ausschlusskataloge. In Hamburg darf das Volk zum Beispiel nicht über Haushaltspläne, Personalentscheidungen oder Gebühren abstimmen.


3. Die Möglichkeit des Referendums wurde doch von den gewählten Parteien in die Verfassung geschrieben. Warum jetzt diese Aufregung?

Referenden können eine gute Sache sein, aber auf das Wie kommt es an! Mit dem von der Bürgerschaft verabschiedeten Referendumsverfahren könnten Volksinitiativen künftig im Keim erstickt werden, so urteilt der renommierte Staatsrechtler Prof. Dr. Hans Meyer, Berlin/Frankfurt.


4. Was unterscheidet das neue geltende Recht von den Vorschlägen von Mehr Demokratie?

Das jetzt eingeführte Referendumsverfahren lässt weder Alternativvorschläge aus dem Volk noch Gegenentwürfe der Opposition zu. Unser eigener Vorschlag lädt dagegen ausdrücklich zu Alternativvorschlägen ein, über die dann gemeinsam abgestimmt werden kann. Wir finden, das gehört zu einem fairen Verfahren. Der Europarat hat sich bereits 2007 auf Mindeststandards für Referenden geeinigt. So wird verlangt, dass Referendumsfragen klar verständlich formuliert und die Bürger über die Folgen ihrer Entscheidung aufgeklärt werden. Eine Regierung dürfe bei einem Referendum zwar ihre eigene Meinung mitteilen, dabei aber keine massive einseitige Werbung betreiben, wie z.B. die mit dem Olympia-Logo versehenen Briefköpfe sämtlicher staatlicher Institutionen in Hamburg, sondern müsse sicherstellen, dass die Abstimmenden objektive Informationen bekommen.


5. Was passiert mit den personenbezogenen Daten auf den Unterschriftenlisten?

Sie müssen nach der Kampagne vernichtet werden. Nur wenn die Unterzeichner zustimmen, dass sie weiter informiert werden wollen, dürfen sie wieder angeschrieben und ihre Daten in eine Datenbank eingepflegt werden. Das gleiche gilt auch für die Daten auf den Bögen für die Briefeintragung.


6. Wir haben doch eine repräsentative Demokratie, warum dieses Volksbegehren? Wollen Sie einen anderen Staat?

Seit den fünfziger Jahren hat sich in der Bundesrepublik eine parlamentarische Demokratie herausgebildet, die vernünftiger Weise von Parteien getragen wird und deshalb folgerichtig eine Parteiendemokratie ist. Im Grundgesetz, Artikel 20 (2), angelegt sind aber Wahlen und Abstimmungen, durch die das Volk die Staatsgewalt ausüben soll. Nicht zuletzt die Besorgnis erregende Abnahme des Vertrauens in die Parteien und der damit einhergehende Rückgang der Wahlbeteiligung haben zur Einführung von Volksabstimmungen in allen Bundesländern geführt. Die Bürgerinnen und Bürger wollen verantwortlich mitentscheiden und Entscheidungen nicht nur hinnehmen, besonders wenn es um grundlegende Fragen geht. Genau das macht einen Staat mündiger Bürgerinnen und Bürger aus.


7. Warum soll ich bei Volksabstimmungen
unterschreiben? Bringt das denn überhaupt was?

Nur wenn möglichst Viele mitmachen, werden Bürgeranliegen ernst genommen. Sonst können sie zu leicht als nebensächliche Interessen einer Minderheit beiseite geschoben werden.


8. Wie wollen Sie verhindern, dass Volksbegehren
für undemokratische Ziele genutzt werden? Z. B. ein Volksbegehren gegen den Bau von Moscheen? Gegen Ausländer?

Unser Grundgesetz garantiert Minderheitenrechte, ebenso wie die Europäische Menschenrechtskonvention. Deshalb sind Volksbegehren, die dagegen verstoßen, in Deutschland unzulässig. Ein Volksentscheid z.B. zur Einführung der Todesstrafe wäre nicht möglich.


9. Warum misstrauen Sie den Politikern so sehr? Müssen wir nicht Vertrauen in unser gewähltes Parlament haben?

Ohne Vertrauen geht es nicht. Blindes Vertrauen geht aber auch nicht. Volksabstimmungen als Ergänzung der parlamentarischen Demokratie haben sich in vielen Ländern bewährt. Sie verhindern auch, dass Parteipolitiker die Bodenhaftung verlieren. Allein schon die Befürchtung, dass es andernfalls zu einem Volksentscheid kommen könnte, führt in vielen Fällen zu sorgfältigerer Politik.


10. Haben die Bürger überhaupt den nötigen Sachverstand, um über komplexe Fragen abzustimmen? Z. B. den Rückkauf der Netze? Wissen die Bürger überhaupt, worauf sie sich da eingelassen haben?

Auf diese Frage hat Olof Palme, ehemaliger schwedischer Ministerpräsident, 1971 in einer Grundsatzrede zur Erneuerung der Demokratie eine Antwort gegeben: „Es ist eine Irrlehre, dass es Fragen gibt, die für normale Menschen zu groß und zu kompliziert seien. Akzeptiert man einen solchen Gedanken, so hat man einen ersten Schritt in Richtung Technokratie, Expertenherrschaft, Oligarchie getan. (...) Die Politik ist zugänglich, beeinflussbar für jeden. Das ist der zentrale Punkt der Demokratie.“

Und mal ganz ehrlich: Auch unter Parlamentariern gibt es nicht nur Experten.
Außerdem kann von einem fairen Verfahren, wie wir es anstreben, erwartet werden, dass die Bürger über alle Möglichkeiten und deren Auswirkungen genau informiert werden.


11. Wenn Bürger und Bürgerinnen zu jeder kleinen Frage gefragt werden, dann müssen wir dauernd abstimmen. Was das alles kostet!

Über nebensächliche und unsinnige Themen wird es in aller Regel keine Abstimmungen geben. Dazu sind die Hürden für die Stufen Volksinitiative und Volksbegehren, die vor einem Volksentscheid zu überwinden sind, zu hoch.


12. Was war
falsch an dem Weg der Parteien, die neuen Möglichkeiten der Verfassungsänderung vom Juni 2015 anhand von Olympia auszuprobieren und dann ggf. entsprechende Korrekturen in der Verfassung vorzunehmen?

Die Abstimmung über die Olympischen Spiele in Hamburg war ein Sonderfall, für den auch Übergangsbestimmungen galten. Solche Sonderfälle sind für die seriöse Bewertung eines generellen Abstimmungsverfahrens ungeeignet. Und die Verfassung ist keine Übungswiese. Wenn die Verfassung wieder geändert werden soll, weil sich die Neuerungen nicht bewährt haben, ist wieder eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Ob die dann erneut zustande kommt, ist ungewiss.


13. Warum soll nicht auch der Bürgermeister, der Senat oder das Parlament das Recht haben, außerhalb von Wahlen das Volk in wichtigen
Dingen zu befragen?

Das sollen sie, jedenfalls das Parlament. Insbesondere bei wichtigen Themen, die im Parlament und in der Bevölkerung umstritten sind, sollten Volksabstimmungen möglich sein. Die Verfahren müssen jedoch so gestaltet sein, dass sie möglichst nicht für Wahlkampfzwecke oder als populistisches Werkzeug missbraucht werden können. Außerdem dürfen andere Mitwirkungsrechte der Bevölkerung nicht erschwert oder aufgehoben werden.


14. Wir haben gegen den Verkauf der städtischen Krankenhäuser in einem Volksentscheid gestimmt, und die Krankenhäuser sind doch verkauft worden. Da hat der Volksentscheid gar nichts genützt! Warum sollen wir uns dann jetzt noch beteiligen
?

Damit so etwas nie wieder passieren kann! Volksentscheide waren damals nicht so verbindlich wie heute – alle (hoffentlich auch die Parteien) haben dazugelernt.


15. Was ist ein
fakultatives Referendum?

In Hamburg unterliegen Änderungen des Wahlgesetzes sowie durch Volksentscheid beschlossene Gesetze und andere Vorlagen der politischen Willensbildung (z.B. Rückkauf der Energienetze) dem fakultativen Referendum. Wenn sie durch einen Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft geändert werden sollen, können 2,5 % aller Wahlberechtigten Hamburgs innerhalb von drei Monaten eine Volksabstimmung über diesen Änderungsbeschluss verlangen.


16. Was sind obligatorische Referenden?

Bei einem obligatorischen Referendum muss der Beschluss eines Parlaments zwingend - im Unterschied zum fakultativen Referendum - dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Das gilt z.B. in Bayern und Hessen für Änderungen der Verfassung. Auch der Gesetzentwurf der Initiative „Rettet den Volksentscheid“ enthält eine entsprechende Regelung für Änderungen der Verfassung.


17. Wie halten es die anderen Bundesländer mit Volksabstimmungen?

Alle 16 Bundesländer haben Volksabstimmungen in ihren Landesverfassungen verankert, einige – wie Bayern und Hessen – schon seit kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Hamburg führte als letztes Bundesland 1996 die Volksgesetzgebung ein. Seither wird immer wieder um die Regeln gestritten. Wer an der Regierung ist, hat es halt nicht so gern, wenn das Volk von seinen Mitspracherechten Gebrauch macht.


18. Was will die Initiative „Rettet den Volksentscheid“ und wer steht dahinter?

Es gibt zwei wichtige Kernaspekte: Zum einen sollen Referenden eingeführt werden, die durch die Möglichkeit von Gegenvorlagen aus dem Parlament oder der Mitte der Bevölkerung eine offene Debatte fördern. Außerdem sollen Verfassungsänderungen in Zukunft nur noch mit Zustimmung des Volkes möglich sein.
Die Volksinitiative „Rettet den Volksentscheid“ ist überparteilich und wird derzeit von rund 20 Gruppen und Bürgerinitiativen aus ganz Hamburg getragen. Mehr Demokratie e.V. gehört dazu.


19. Warum findet das Volksbegehren nicht wie geplant statt?

Der Senat und Bürgerschaft äußerten Zweifel, ob unser Gesetzentwurf mit der Hamburgischen Verfassung vereinbar ist und haben deswegen das Landesverfassungsgericht angerufen. Während der Prüfung durch das Verfassungsgericht ruht das Verfahren. Deswegen können wir noch keinen genauen Zeitpunk benennen, zu dem das Volksbegehren stattfindet. Anträge auf Briefeintragung können aber weiter beim Landeswahlamt gestellt werden.


20. Was bedeutet Briefeintragung und warum soll ich das machen?

Wer schon jetzt einen Antrag auf Briefeintragung stellt, bekommt kurz vor Beginn des Volksbegehrens kostenlos Unterlagen zugeschickt, um seine Unterschrift zu leisten. Die Unterlagen können dann kostenlos zurückgesandt werden.
Jeder Antrag auf Briefeintragung hilft der Initiative. Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir das Volksbegehren im Winter haben werden. Je mehr Menschen ihre Unterschrift per Brief leisten, desto weniger Unterschriften müssen wir später in der Kälte sammeln. Jeder Antrag bedeutet also eine Entlastung unserer Freiwilligen.