Bewertung zur Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts vom 13.10.2016

So gesehen schwächt die Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts unsere Demokratie.

Die Entscheidung, das Volksbegehren „Rettet den Volksentscheid“ durchgehend für unzulässig zu erklären, scheint getragen zu sein von der Angst vor den Entscheidungen des Volkes. Aber Demokratie lebt vom Vertrauen in die und von der Akzeptanz der Entscheidungen des Volkes – sei es bei Wahlen oder Abstimmungen. Wie soll sich sonst eine gefestigte Demokratie entwickeln. Parteien und Parlamente sind nicht dazu da, das Volk vor sich selbst zu schützen. Dazu dient vor allem der unveränderbare Teil unseres Grundgesetzes. Er schützt auch vor schwerwiegenden Fehlentscheidungen der Parlamente.

 

Sinkende Wahlbeteiligungen und Mitgliederzahlen in den Parteien gehen einher mit einem abnehmenden Vertrauen in die Parteien. Das schwächt die parlamentarische Demokratie. Dieses gravierende Problem unserer Demokratie wird verstärkt - nicht gemildert -, wenn die direkte Demokratie diskriminiert und der parlamentarischen untergeordnet wird. So gesehen schwächt die Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts unsere Demokratie.

 

Und sie stellt die Frage nach der Auslegung des Demokratieprinzips. Kann daraus wirklich eine Vorrangstellung der parlamentarischen gegenüber der direkten Demokratie abgeleitet werden?

Das Volk gibt sich in freier Selbstbestimmung eine Verfassung - das gilt als der ideale Geburtsakt einer Demokratie, als grundlegendes Demokratieprinzip. So haben es auch die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes gesehen. Warum verstößt es dann gegen demokratische Grundprinzipien, wenn Verfassungsänderungen die Zustimmung des Volkes erfordern (obligatorisches Verfassungsreferendum)? Verstoßen dann auch die obligatorischen Verfassungsreferenden in Bayern und in Hessen, dort seit 1946 in der Verfassung verankert, und wesentliche Teile der Schweizer Demokratie gegen das Demokratieprinzip? Es kann doch kein spezifisch deutsches oder hamburgisches Demokratieprinzip geben.

 

Die Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichtes wird in die Geschichte eingehen, aber hoffentlich keine Geschichte machen. Vor uns liegt keine kleine Aufgabe.