Die Zukunft mit Bürgerräten-Bürgerforen in Hamburg

Deliberative Demokratieformen sind in der jetzigen Zeit nötiger denn je. Ob man es in Hamburg Bürgerforum nennt oder Bürgerrat soll im Ergebnis das gleiche sein. Aber aufgepasst, es schwingt eine Nuance mit. Sollen Bürger tatsächlich beteiligt werden? Ein Forum klingt so, als wenn man zusammen sitzt, sich gegenseitig zuhört –zugegeben, ein immens wichtiger Schritt-; aber die Entscheidungen werden außerhalb dieses Forums getroffen. Dagegen liegt der Akzent eines Bürgerrates darin, dass die ausgelosten BürgerInnen (im Englischen auch „mini public“)sich beraten bis hin zu einer Entscheidung, welches die richtigen Lösungen für eine Problemstellung wären. Mehr Demokratie e.V. vertritt den Begriff der „Bürgerräte“ aus gutem Grunde. Immer mehr Menschen empfinden die Politik der Parteien in den Parlamenten als fremd und nicht den wirklichen Problemen zugewandt. Sie wollen an politischen Entscheidungen in Ihrem Sinne demokratisch beteiligt werden. Und dabei ist es entscheidend, dass die Vorschläge zumindest in der Essenz umgesetzt werden. Beteiligung nur zum Schein beschädigt auf Dauer die Demokratie. Aus der Bundestags- aber auch aus der Hamburger Bürgerschaftswahl gehen Parteien gestärkt hervor, die diese Art der Bürgerbeteiligung jedoch immer wieder ablehnen. Im Gegensatz zu Wolfgang Schäuble erkennt die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) politische Legitimität ausschließlich in unseren Parlamenten. Auch in Hamburg lehnt die „gestärkte“ SPD Bürgerräte weiterhin ab und ist damit Schlusslicht im Bund. Zweifelt man hierzulande , dass Bürgerräte zu guten Empfehlungen gelangen? In dem Fall sollte ein Referendum aller HamburgerInnen die klare Entscheidung bringen. Dies ist bekanntlich in Irland mehrfach so durchgeführt , wird zudem gerade in unserer Nachbargemeinde Pinneberg erprobt und verdient demokratische Nachahmung.
Es gibt Themen genug, die eine Bürgerbeteiligung erfordern würden, weil sie uns alle angehen und dringend einer „Korrektur“ im Bürgersinne bedürfen. Der Klimaschutz muss nachgebessert werden, weil sonst die gesetzlichen Ziele weder bis 2030 noch bis 2045 nicht erreicht werden können. Es müssen Lösungen im Verkehrssektor gefunden werden, der Wohnungsbau muss einen Weg beschreiten, der zu sozialen Preisen den Bedarf deckt ohne gleichzeitig immer mehr Flächen im Stadtgebiet mit klimaschädlichem Beton zu versiegeln. Kitas, Schulen und Hochschulen müssen so ausgestattet werden, dass sie endlich in der Lage sind, Bildungsgerechtigkeit und gleiche Lebenschancen zu ermöglichen. Dergleichen gibt es vieles mehr. Ein komplexes Großstadtleben kann nicht maßgeblich durch Bürgerräte gestaltet werden. Die allermeisten Entscheidungen bleiben auch zukünftig allein dem Senat und der Bürgerschaft vorbehalten. Aber die Beteiligung in Schlüsselfragen ist ein demokratisches Recht. Wenn diejenige „Politik“, die vielfach als bürgerfern angesehen wird, auch die Bürger fern hält, verstärkt das den Zustrom in die autoritäre Ecke. Umgekehrt können durch Beteiligung von Bürgerräten die politischen Entscheidungen eine echte Kooperation darstellen im Sinne einer „Open Government Partnership“ und damit tatsächlich Legitimität gewinnen. In dieser Legislaturperiode sollte das In Hamburg gelingen. Wir als Landesverband wollen dafür einstehen und die Zivilgesellschaft mobilisieren, mehr Demokratie in Hamburg zu ermöglichen. Für die professionelle Organisation und Begleitung des ersten Bürgerrates in Hamburg steht neben anderen Mehr Demokratie e.V jederzeit bereit.