Gesetz über die Prüfung der Wahlen zur Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen (Wahlprüfungsgesetz)

 

I. Grundsatz

§ 1

(1) Die Bürgerschaft entscheidet über die Gültigkeit der Wahlen zur Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen.

(2) Die Bürgerschaft befindet darüber, ob

  1. eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter (Mitglied) der Bürgerschaft oder eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter (Mitglied) einer Bezirksversammlung die Mitgliedschaft verloren hat oder

  2. ein nachträglich berufenes Mitglied der Bürgerschaft oder ein nachträglich berufenes Mitglied einer Bezirksversammlung im Zeitpunkt des Erwerbs der Mitgliedschaft wählbar war und die Voraussetzungen seiner Berufung gegeben waren.

 

II. Prüfung der Wahl zur Bürgerschaft

§ 2

(1) Die Wahl und die Wählbarkeit eines nachträglich berufenen Mitglieds werden nur aufgrund eines Einspruchs geprüft. Über den Verlust der Mitgliedschaft wird nur auf Antrag entschieden.

(2) Einspruchs- und antragsberechtigt sind jede und jeder zu dieser Wahl Wahlberechtigte, jede Gruppe von zu dieser Wahl Wahlberechtigten und in amtlicher Eigenschaft die Präsidentin oder der Präsident oder Bürgerschaft sowie die Landeswahlleiterin oder der Landeswahlleiter. Bei gemeinschaftlichen Einsprüchen oder Anträgen soll eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter benannt werden.

§ 3

(1) Der Einspruch und der Antrag sind schriftlich bei der Bürgerschaft einzulegen und zu begründen. Die Bürgerschaft unterrichtet die Landeswahlleiterin oder den Landeswahlleiter über die bei ihr eingegangenen Einsprüche und Anträge.

(2) Bei Entscheidungen gemäß § 1 Absatz 1 nimmt die Landeswahlleiterin oder der Landeswahlleiter eine Vorprüfung der Einsprüche vor und übermittelt das Ergebnis nebst Unterlagen der Bürgerschaft.

§ 4

(1) Der Einspruch muss binnen zwei Monaten nach dem Wahltag bei der Bürgerschaft eingehen. Für die Präsidentin oder den Präsidenten der Bürgerschaft beginnt die Frist mit ihrer bzw. seiner Wahl in das Präsidentenamt. Werden der Präsidentin oder dem Präsidenten der Bürgerschaft nach Ablauf dieser Frist in amtlicher Eigenschaft Umstände bekannt, die einen Einspruchsgrund im Sinne von § 5 darstellen könnten, kann sie bzw. er innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden dieser Umstände Einspruch einlegen.

(2) Die Einspruchsfrist wird auch dann gewahrt, wenn der Einspruch innerhalb der Frist bei der Landeswahlleiterin oder dem Landeswahlleiter eingeht.

(3) Der Einspruch gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 kann nur innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung des Erwerbs der Mitgliedschaft eingelegt werden.

(4) Der Antrag auf Entscheidung nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 kann jederzeit gestellt werden.

§ 5

(1) Der Einspruch kann nur damit begründet werden, dass

  1. bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl zwingende Vorschriften der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, des Gesetzes über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft in der Fassung vom 22. Juli 1986 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 223), zuletzt geändert am 25. Juni 1997 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 282), oder der Wahlordnung für die Wahlen zur hamburgischen Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen vom 29. Juli 1986 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seiten 237, 258, 266), zuletzt geändert am 29. Juni 1993 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 145), in ihren jeweils geltenden Fassungen unbeachtet geblieben oder unrichtig angewendet worden sind oder

  2. fehlerhafte Entscheidungen der Wahlorgane bei der Zulassung oder Zurückweisung von Wahlvorschlägen oder bei der Feststellung des Wahlergebnisses ergangen sind oder

  3. Wahlbewerberinnen, Wahlbewerber oder Dritte Handlungen begangen haben, die einen der objektiven Tatbestände der §§ 107, 107a, 107b, 107c, 108, 108a, 108b, 108 d Satz 2, 240 oder 274 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs erfüllen,

und dadurch die Verteilung der Abgeordnetensitze beeinflusst worden sein kann.

(2) Verstöße gegen Satzungsbestimmungen eines Wahlvorschlagsträgers allein begründen keinen Einspruch.

(3) Im Falle einer nachträglichen Berufung gemäß § 38 Absatz 1 und § 39 Absatz 1 des Gesetzes über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft kann der Einspruch nur damit begründet werden, dass eine als gewählt erklärte Bewerberin oder ein als gewählt erklärter Bewerber nicht wählbar war oder die Voraussetzungen der Berufung nicht vorgelegen haben.

(4) Der Antrag nach § 2 Absatz 1 Satz 2 kann nur damit begründet werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, die zum Verlust der Mitgliedschaft führen.

§ 6

(1) Zu § 1 Absatz 1 ergeht die Entscheidung der Bürgerschaft über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl. Eine Wahl kann vollständig oder teilweise für ungültig erklärt werden. Sind von der Ungültigkeit einer Wahl mehr als 25 vom Hundert der zu ihr Wahlberechtigten betroffen, ist die Wahl insgesamt für ungültig zu erklären.

(2) Zu § 1 Absatz 2 Nummer 2 ergeht die Entscheidung über den Erwerb der Mitgliedschaft.

(3) Zu § 1 Absatz 2 Nummer 1 ergeht die Entscheidung über den Verlust der Mitgliedschaft.

(4) Die Entscheidung kann im Übrigen nur auf Zurückweisung des Einspruchs oder Antrags, auf Einstellung des Verfahrens oder auf Erledigungserklärung lauten.

§ 7

In der Entscheidung sind die wesentlichen Tatsachen und Gründe anzugeben, auf die sie gestützt wird. Wird eine Wahl vollständig oder teilweise für ungültig erklärt, muss die Entscheidung das Nähere über die sich daraus ergebenden weiteren Folgen enthalten.

§ 8

(1) Die Entscheidung der Bürgerschaft ist

  1. den Einsprechenden, den Antragstellerinnen oder Antragstellern,

  2. den Mitgliedern, deren Mitgliedschaft Gegenstand der Entscheidung ist, und

  3. der Landeswahlleiterin oder dem Landeswahlleiter innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung zuzustellen.

(2) Der Entscheidung ist der sie betreffende Bericht des für die Wahlprüfung zuständigen Ausschusses an die Bürgerschaft beizufügen.

(3) Der Entscheidung ist eine Rechtsmittelbelehrung über die Beschwerde gemäß § 14 Nummer 7 und §§ 47 bis 49 a des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht in der Fassung vom 23. März 1982 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 59), zuletzt geändert am 6. Juni 2001 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 125), beizufügen.

§ 9

Mitglieder, deren Mitgliedschaftserwerb oder -verlust geprüft wird, haben bei sie betreffenden Entscheidungen kein Stimmrecht. Dies gilt nicht, wenn sich ein Einspruch mit derselben Begründung auf mehr als fünf Mitglieder einer Fraktion bezieht.

III. Prüfung der Wahl zu den Bezirksversammlungen

§ 10

(1) Für die Prüfung der Wahl zu den Bezirksversammlungen sowie des Verlusts oder Erwerbs der Mitgliedschaft in einer Bezirksversammlung gelten die §§ 2 bis 9 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. § 5 Absatz 1 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Gesetzes über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft das Gesetz über die Wahl zu den Bezirksversammlungen in der Fassung vom 22. Juli 1986 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 230), zuletzt geändert am 25. Juni 1997 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 282), tritt.

(2) Einspruchs- und antragsberechtigt sind nur die zu dieser Wahl Wahlberechtigten oder Gruppen von Wahlberechtigten des jeweiligen Bezirks. In amtlicher Eigenschaft sind auch die Landeswahlleiterin oder der Landeswahlleiter und die Bezirkswahlleiterin oder der Bezirkswahlleiter einspruchs- und antragsberechtigt.

§ 11

Die Einspruchsfrist wird auch dann gewahrt, wenn der Einspruch innerhalb der Frist bei der Bezirkswahlleiterin oder dem Bezirkswahlleiter eingeht.

IV. Kosten des Verfahrens

§ 12

(1) Die Kosten des Verfahrens bei der Bürgerschaft trägt die Freie und Hansestadt Hamburg.

(2) Einsprechenden, Antragstellerinnen oder Antragstellern in nichtamtlicher Eigenschaft können notwendige Aufwendungen erstattet werden, wenn dem Einspruch oder Antrag stattgegeben wurde. Dies gilt auch, wenn der Einspruch oder Antrag nur deshalb zurückgewiesen wurde, weil der geltend gemachte Einspruchsgrund keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt hat.

(3) Über die Erstattung von Aufwendungen nach Absatz 2 ist in dem Beschluss der Bürgerschaft zu befinden.