Die EU-Kommission tritt von ihrer Zusage zurück, die Käfighaltung von 300 Millionen Nutztieren in der EU zu beenden. Das Anliegen hatten 1,4 Millionen Bürgerinnen und Bürgern mithilfe der europäischen Bürgerinitiative (EBI) auf die Agenda gesetzt.
„Auf den letzten Metern ist die Kommission scheinbar vor dem Druck der Fleischindustrie eingeknickt und lässt 1,4 Millionen Menschen mit ihrem Einsatz für mehr Tierwohl einfach im Regen stehen“, so Sarah Händel, Bundesvorständin von Mehr Demokratie e.V.
Der Demokratie-Verein warnt zusammen mit anderen Organisationen in einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen davor, dass die Menschen das Vertrauen verlieren, dass Bürgerbeteiligung von der EU ernst genommen wird. Im Brief heißt es: „Die zugesagte Beendigung des Käfigzeitalters ist mehr als eine Frage des Tierschutzes; sie ist ein Lackmustest für die Glaubwürdigkeit der EBI selbst, dem Fundament der partizipativen europäischen Demokratie.“ Da das finale Arbeitsprogramm der Kommission am 17. Oktober veröffentlicht wird, sei eine Kehrtwende noch möglich.
Zum ersten Mal überhaupt, seit der zehnjährigen Existenz der europäischen Bürgerinitiative, hatte die EU-Kommission sich im Juni 2021 schriftlich dazu verpflichtet, die EBI „End the Cage Age“ aufzugreifen und vollständig umzusetzen. Auch das EU-Parlament gab mit einer Resolution Rückenwind. Nun liegt bereits mehrere von der Verwaltung ausgearbeiteter Gesetzentwürfe für eine umfassende Reform der Tierwohlbestimmungen in der EU vor. Doch plötzlich ist das Anliegen in der Skizze zum Arbeitsprogramm der EU-Kommission nicht mehr wiederzufinden.
„Dass die Kommission ohne weitere Erklärung das Thema einfach fallen lässt, spricht Bände über den Stellenwert der Bürgerbeteiligung in der EU“, kritisiert Händel. Ein solch respektloser Umgang mit Bürgerengagement verstärke den Demokratiefrust und spiele demokratiefeindlichen Kräften in die Hände. „Dass sich die europäischen Institutionen selbst mit 1,4 Millionen Bürger-Unterschriften im Rücken nicht gegen starke Lobbyinteressen durchsetzen können, ist ein Armutszeugnis für die europäische Demokratie und vor den nahenden Europawahlen genau das falsche Signal“, so Händel weiter.
Bei Rückfragen: Sarah Händel, 0172 9625229.
Offener Brief von Mehr Demokratie und weiteren NGOs an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen:
https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2023/2023-10-13_offener_Brief_EBI_deutsch.pdf
Weitere Hintergrundinformationen:
https://www.mehr-demokratie.de/nachrichten/einzelansicht/eu-lobby-gewinnt-gegen-buergerbeteiligung