Bürgerbegehrensbericht 2018: Spitzenreiter Hamburg?

Hamburg top, Hamburg flop - die Lage der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene in Hamburg ist zwiegespalten. 

Heute veröffentlicht der Bundesverband von Mehr Demokratie e.V. seinen Bürgerbegehrensbericht 2018 mit einer Darstellung der kommunalen direkten Demokratie für den Zeitraum von 1956 bis Ende 2017. Fazit: Die Regelungen zu Bürgerbegehren sind in den letzten Jahren bundesweit immer bürgerfreundlicher geworden, auch wenn es noch unnötige Hürden gibt. In der Praxis ist die direkte Demokratie als fester Bestandteil in den Kommunen angekommen: Um die 300 Verfahren werden jährlich gestartet.

In Hamburg gibt es eigentlich sogar gute Regelungen für die Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden – eingeführt (und weiterentwickelt) unter tatkräftiger Mitwirkung von Mehr Demokratie. Und in der Praxis ist Hamburg bei der Zahl der gestarteten Bürgerbegehren pro Bezirk und Jahr sogar Spitzenreiter (42 Bürgerbegehren in den Jahren 2013-2017 bei 7 Bezirken, also durchschnittlich ein Bürgerbegehren pro Jahr und Bezirk). Die hohe Aktivität in den Bezirken ist großartig und umso erstaunlicher, da die Beteiligten wissen, dass ihr Begehren mit einem Federstrich durch den Senat und seine Behörden ausgehebelt werden kann.

Regelungen und Zahlen täuschen aber über ein grundsätzliches Problem hinweg. Wenn dem Senat das Anliegen der Bürgerinitiative nicht passt, kann er mit Verweis auf ein gesamtstädtisches Interesse die Zuständigkeit einfach an sich ziehen oder den Bezirk anweisen, das Begehren für unzulässig zu erklären (Evokation). Insgesamt wird jedes vierte Bürgerbegehren für unzulässig erklärt. Oder das Begehren wird zum Schein übernommen, aber dann evoziert oder nicht umgesetzt. Bürgerbeteiligung wird so zur Farce und fördert politischen Frust, obwohl ein großer Wunsch nach Mitsprache deutlich ist. Diese Problematik ist bundesweit einmalig. Deswegen haben wir vor kurzem in Hamburg einen ganz eigenen Bürgerbegehrensbericht mit Analysen, Erfahrungsberichten und Entwicklungsmöglichkeiten veröffentlicht.